Der Beckenboden ist eine komplexe muskuläre Struktur, die Männern meist wenig bewusst ist und deren Bedeutung für Kontinenz und sexuelles Empfinden unterschätzt wird. Erst wenn Störungen wie Inkontinenz oder Erektionsprobleme auftreten, ändert sich dies notgedrungen. Biofeedback basiertes Training kann hilfreich sein, um die Funktionalität der vernachlässigten Strukturen zu erhalten oder zu regenerieren.
Autorin: Dr. rer. biol. hum. Ina Schicker, promovierte in Medizinischer Psychologie und ist seit 1996 als Wissenschafts- und Medizinjournalistin tätig. Ihre Schwerpunkte liegen u.a. auf Komplementärmedizin und Geriatrie.
Urininkontinenz ist ein stark tabuisiertes Thema. Bei über 60-jährigen Männern ist fast jeder Fünfte betroffen, im Alter über 80 Jahre sogar fast jeder dritte Mann (Kozomara-Hocke, 2016). Ursächlich kommen v.a. Veränderungen der Blase, Prostata und Beckenbodenmuskulatur in Betracht, aber auch Operationen an Prostata oder anderen Stellen im Beckenbereich erhöhen das Risiko. Meist gehen Inkontinenzbeschwerden „mit erheblichen Einbußen in körperlicher, seelischer Hinsicht und in Bezug auf Lebensqualität“ einher (Beutel, 2005).
Ursachen und Formen von Kontinenzstörungen
Ihre Ursachen können vielfältig sein. Fachlich wird im wesentlichen zwischen Speicherstörungen, wie Dranginkontinenz oder Belastungsinkontinenz, einerseits und Entleerungsstörungen andererseits unterschieden, zu denen u.a. die Überlaufinkontinenz zählt. Auch Mischformen kommen vor.
Bei einer Überlaufinkontinenz kommt es nur bei voller Blase zum Abgang kleiner Urinmengen. Sie kann myogen, neurogen oder durch ein Obstruktionssyndrom in Folge einer Prostatavergrösserung bedingt sein. Eine operative Entfernung der Prostata aufgrund einer gutartigen Prostatahyperplasie (BPH) oder eines Prostatakrebses beseitigt zwar die problematische Verengung, nicht selten werden bei der Operation aber auch Teile der inneren Schliessmuskulatur der Blase entfernt und deren Funktion dadurch beeinträchtigt. Auch die Beckenbodenmuskultur kann nach einer Operation eine veränderte Spannung aufweisen und Erektionsprobleme und Entleerungsstörungen nach sich ziehen.
Eine Dranginkontinenz liegt vor, wenn nicht kontrollierbare Detrusorkontraktionen bei normaler Schliessmuskelfunktion zu Urinverlust führen.
Die weitaus häufigste Form von Urininkontinenz bei Männern – etwas 40-80 Prozent (Kozomara-Hocke, 2016) – ist jedoch die reine Belastungsinkontinenz, bei der es unter körperlicher Belastung (etwa Husten, Niesen, Erschütterung beim Laufen oder Sport usw.) zu ungewolltem Urinverlust kommt. Sie ist meist auf eine unzureichende Kontrolle der Schliessmuskelfunktion oder eine direkte Schädigung oder Schwächung dieser Muskulatur zurückzuführen.
Konservative Behandlung durch Beckenbodentraining
Sofern Kontraindikationen wie Organvorfälle oder schwere Nervenschädigungen als Inkontinenzursache ausgeschlossen werden können, gelten physiotherapeutische Ansätze als leitliniengerechte Option der ersten Wahl. Mehrere Meta-Studien zeigen, dass ein gezieltes Training der Beckenbodenmuskulatur niederschwellige und wirkungsvolle Möglichkeiten bietet, die Funktionalität gestörter oder geschwächer Strukturen zu regenerieren. Im Idealfall lässt sich dadurch eine Operation sogar vermeiden, bzw. prähabilitativ oder als Mittel der Rehabilitation nach einem Eingriff zur Optimierung der Behandlung einsetzen. Eine Metastudie von Luqiang Zhou et al. (2023) zeigt, dass Patienten, die schon vor einer radikalen Prostataektomie ein Beckenboden-Training durchlaufen, vor allem in den ersten drei Monaten nach der Operation signifikant seltener ungewollt Urin verlieren als Patienten ohne entsprechendes Training.
Bedeutung der therapeutischen Anleitung und des gezielten Feedbacks
Positive Effekte werden dabei durch sorgfältige therapeutische Anleitung begünstigt, so das Fazit einer Metanalyse von Baumann et al. (2022). Ohne fachliche Anweisung und Rückmeldung zeigten sich keine Vorteile gegenüber Vergleichsgruppen ohne Training.
Da die meisten Menschen in der Wahrnehmung und aktiven Steuerung der Beckenboden-Muskulatur wenig geübt sind, bieten Methoden mit Biofeedback besonders gute Lernchancen (Hsu et al. 2016). Besonders niederschwellig und damit Compliance-fördernd sind dabei Verfahren, die die Aktivität der Beckenbodenmuskulatur noninvasiv erfassen und – wie das Beckenboden-Trainingsgerät PelvicTool der Schweizer Firma Alonea – dem Nutzer über eine einfach App visuelles Feedback in Echtzeit geben. Mit Hilfe einer Spiel-ähnlichen Oberfläche können Patienten nach gründlicher Einweisung durch einen Therapeuten, der die konkreten Therapieziele identifiziert, eigenständig individuelle Trainingsprogramme durchlaufen.
„Das PelvicTool ist eine grossartige Möglichkeit, den Beckenboden spielerisch zu trainieren – und genau das macht es besonders für Männer interessant. Die meisten Männer beschäftigen sich weniger mit dem Beckenboden als Frauen. Deshalb ist das visuelle Biofeedback eine wertvolle Unterstützung: Es fördert die Wahrnehmung und macht das Thema greifbar und zugänglich. Ganz nebenbei hilft es auch, das Tabu zu brechen und offen über diese wichtige Körperregion zu sprechen. Die Männer sind deshalb jeweils sehr motiviert mit dem PelvicTool am Trainieren.“
Der Beckenbodentrainer PelvicTool Home & Sport besteht aus einem ergonomischen Sitzkissen mit einem weichen Sensortube, die hochsensitiv alle Bewegungen der Beckenbodenmuskeln registriert. Unter therapeutischer Begleitung durchlaufen die Patienten die jeweils für ihre individuelle Thematik passenden Trainingsprogramme und können dann selber zu Hause trainieren. Anhand der digitalen Dokumentation ihrer Übungen können ihre Therapeuten den Trainingsprozess nachverfolgen und gegebenenfalls korrigierend eingreifen, oder das Training dem Übungsfortschritt anpassen. Ein nachhaltiger Therapieerfolg wird durch die anschliessende Integration der trainierten Muskelaktivitäten in alltägliche Bewegungsabläufe zusätzlich unterstützt.
„Obwohl ich nach einer RPE meine Beckenbodenmuskulatur nicht mehr spüren konnte, habe ich mit Hilfe des PelvicTool gelernt, meine Beckenbodenmuskeln zu steuern und meine Inkontinenzbeschwerden zu lindern. Die Fortschritte in der App zu sehen, hat mich motiviert, weiterzumachen.“
Das PelvicTool Home & Sport, entwickelt vom Schweizer Medizintechnikunternehmen Alonea AG, ist im ausgewählten Fachhandel sowie im Webshop von Alonea erhältlich.
So funktioniert der Beckenbodentrainer PelvicTool von Alonea:
Referenzen zum Bericht
Baumann, F. T., Reimer, N., Gockeln, T., Reike, A., Hallek, M., Ricci, C., Zopf, E. M., Schmid, D., Taaffe, D., Newton, R. U., Galvão, D. A., & Leitzmann, M. (2022). Supervised pelvic floor muscle exercise is more effective than unsupervised pelvic floor muscle exercise at improving urinary incontinence in prostate cancer patients following radical prostatectomy: A systematic review and meta-analysis. Disability and Rehabilitation, 44(19), 5374–5385. https://doi.org/10.1080/09638288.2021.1937717
Beutel, M. E., Hessel, A., Schwarz, R., & Brähler, E. (2005). Prävalenz der Urininkontinenz in der deutschen Bevölkerung: Komorbidität, Lebensqualität, Einflussgrößen [Prevalence of urinary incontinence in the German population]. Der Urologe A, 44(3), 232–238. https://doi.org/10.1007/s00120-005-0791-y
Hsu, L. F., Liao, Y. M., Lai, F. C., & Tsai, P. S. (2016). Beneficial effects of biofeedback-assisted pelvic floor muscle training in patients with urinary incontinence after radical prostatectomy: A systematic review and meta-analysis. International Journal of Nursing Studies, 60, 99–111. https://doi.org/10.1016/j.ijnurstu.2016.03.013
Kozomara-Hocke, M., Hermanns, T., & Poyet, C. (2016). Urininkontinenz beim Mann: Ein Tabuthema. Praxis, 105(5), 269–277. https://doi.org/10.1024/1661-8157/a002297
Zhou, L., Chen, Y., Yuan, X., Zeng, L., Zhu, J., & Zheng, J. (2023). Preoperative pelvic floor muscle exercise for continence after radical prostatectomy: A systematic review and meta-analysis. Frontiers in Public Health, 11, 1186067. https://doi.org/10.3389/fpubh.2023.1186067











